Wie aus heiterem Himmel

Ich bin ein Sommerkind, die Hitze macht mir gar nix aus. Ensprechend ist dies auch meine Zeit: Erbeeren und Tomaten essen, schwimmen im See, luftige Kleidung, leichte Bettdecke und leckere Grillgerichte oder Eis. Meine Welt ist seit Wochen und Monaten schön und in Ordnung. Doch da klingelt es heute am Törchen und das schöne Gleichgewicht ist mit einem Mal dahin!

Nichts Großartiges war passiert! Ich hatte Besuch bekommen von zwei wirklich sympathischen Damen – Zeugen Jehovas, denke ich – und es entwickelte sich ein sehr angenehmes, interessantes Gespräch, das ich beinahe genossen habe. Auch das Ende der Unterhaltung und die Verabschiedung waren natürlich und nett. Es hatte sich fast so angefühlt, als wäre es ein Gespräch übern Zaun mit zwei Nachbarinnen gewesen.
Zurück im Haus bemerkte ich jedoch ein aufgeregtes Herzklopfen. Dazu kam eine Empfindung im Magenbereich, die sich anfühlte als sprudelte kochendes Wasser in einem Topf. War das Wut? Keine Ahnung! Ich fühlte mich nicht wütend. War das Aufgeregtsein? Aber aus welchem Grund? Ich konnte keinen Reiz erkennen, den ich für diese unerwarteten Vorgänge in meinem Körper verantwortlich machen konnte. Ist nicht schlimm, dachte ich, Du kannst Dich ja regulieren!

Erst an diesem Morgen hatte ich mit meiner ersten Klientin die Whuuuh-Übung gemacht und diese kam mir nun in den Sinn. Man atmet ganz normal ein und erzeugt dann mit dem Ausatmen einen Whuuuh-Ton. Dabei wird versucht, die Vibration so nach unten sacken zu lassen, dass es sich anfühlt, als käme der Ton aus dem Bauch heraus. Man weiß heute, dass diese Vibration im Bauch es vermag, einen gewissen Hirnnerv zu stimmulieren der u.a. für das Gefühl von Sicherheit und Entspannung sorgt. Das Ergebnis war in meinem Fall, dass sich das sprudelnde Gefühl in der Magengegend noch intensivierte! Die Blasen wurden richtig groß und blubberten heftig durch den ganzen Oberkörper! Hatte ich etwas falsch gemacht? Als Therapeutin hätte ich an dieser Stelle gefragt „und was geschieht noch?“ In dem Augenblick, in dem ich dachte, das ist aber eine Menge Energie, die sich da durch meinen Körper bewegt, spürte ich eine schlagartige Erschöpfung, wie ein in mich zusammensacken. Nun könnte man denken, zum Glück, der Druck ist weg! Aber es fühlte sich nicht glücklich an! Das war keine Entspannung, sondern eher ein resignatives Gefühl, ein Aufgeben, sich hängen lassen.
Das konnte nun auch nicht so stehen bleiben, also habe ich noch eine zweite Übung angeschlossen, bei der man ein Whuuuh in einer variierten Form tönt. Auf diese andere Übung folgten etwa 10 große Gähner und schließlich der Eindruck, dass das Wasser im Topf nun wieder Normaltemperatur hat. Tatsächliche Entspannung.

Was war denn nun der Auslöser der ganzen Aufregung?
Ganz ehrlich? Ich habe keine Ahnung. Und ich sehe auch keinen Grund, der Sache weiter nachzugehen. Wenn sich das nicht ständig wiederholt und ich kann rasch wieder zu einem stabilen Normalzustand zurückfinden, brauche ich mir keine Gedanken zu machen. Das ist das ganz normale Leben.
Ich denke nur, wie krass, eine solche Energie in sich zu spüren und zu wissen, die kann, wenn man keinen Weg weiß, sie zu regulieren, auch im Körper bleiben! Und das nicht nur für Minuten oder Stunden, sondern über Jahre und Jahrzehnte! Gehaltene, verdrängte, abgespaltene Energie, an die man sich so gewöhnt hat, dass man sie gar nicht mehr wahrnimmt. Es sei denn viel später durch chronische Anspannung, Schmerz, Depression oder eine Vielzahl von anderen Symptomen.
Oder diese große Energie platzt zwischendurch mit einer solch unkontrollierbaren Wucht heraus, dass sie nichts als Scherben und Chaos hinterlässt.
Da ist es in jedem Fall besser, mit dieser Energie haushalten zu lernen, bevor sie einem aus heiterem Himmel den Sommer/das Leben verhagelt!