Sommer auf dem Bösenhof 2023
Kurz vor Tagesanbruch, noch bevor die Sonne über den Horizont blinzelt, schreitet einer über den Hof. Aufrecht, mit stolzgeschwellter Brust setzt er ein Bein vor das andere und ruft laut, ohne Bewusstsein für die frühe Stunde: „Mein Reich! Alles meins!“
Es ist Prinz Heinrich, der Fasanenhahn. Leider fährt ihm der Bauer täglich in seine allmorgendliche Parade und er muss weichen. Aber nur vor dem Marktwagen. Wenn die Hunde später ihren ersten Kontrollgang machen, wird er sich längst wieder ins hohe Gras der Rinderweide zurückgezogen haben.
Verwunderlich, dass es dort zwischen ihm und den Ochsen nicht gelegentlich zum Konflikt kommt. Vielleicht, weil die großen Burschen inzwischen etwas ruhiger und erwachsener geworden sind. Wilsberg und Franz, die beiden ältesten in der Herde, haben nun eine Statur als seien sie die Väter aller Ochsen! Und so ist auch ihr Gemüt: unerschütterlich und nicht aus der Ruhe zu bringen. Weder Hitze, noch Wind noch Gewitter scheinen ihnen etwas auszumachen. Sie sind geerdet und unter dem Himmel zuhause. Welch ein Glück, wenn man es recht bedenkt.
Sorgen machen wir uns derzeit um die alten Eichen, die zum Hof gehören wie das schwarze Fachwerk und die drei versetzten Giebel. Der Großvater soll gesagt haben, man darf den Himmel durch das Blattwerk nicht erkennen können, dann ist ihnen wohl. Sollte das wahr sein, stehen sie in diesem Sommer nicht gut da. Durstig sind sie und so spärlich belaubt, dass sie den Blick auf das Firmament nicht zu verhüllen vermögen. Deshalb freuen wir uns über jeden Regentag, wünschen uns mehr davon und sind gleichzeitig dankbar, dass wir bisher vor großen Unwettern verschont geblieben sind.
Den Gänsen in der Obstwiese können die Fluten hingegen gar nicht groß genug sein! Sie haben ihre eigene kleine Wanne und je mehr Wasser sich darin befindet, desto ausgedehnter der Badespaß! Dann ist lautes Flattern zu hören, dann plätschert und spritzt es, und gelegentlich fliegen sogar ein paar Federn durch die Luft. Nachdem sie ihr Wellnessprogramm abgeschlossen haben, sieht man sie schließlich, mit dem Kopf unter einem Flügel, im Schatten der Bäume ruhen.
Und während Heinrichs Hofherrschaft von niemandem recht in Frage gestellt wird, geht es unterirdisch weniger friedlich zu. Auf die Maulwurf-Mafia ist in diesem Jahr ein Trupp Wühlmäuse gestoßen, und die viele aufgewühlte Erde lässt auf erhebliche Auseinandersetzungen schließen! Sehr zum Unmut der Bauersfrau.
Ich wünsche eine schöne Sommer- und Urlaubszeit