„SAGEN SIE EINMAL LAUT:…“

Sagen Sie einmal laut: „Mein Körper ist mein bester Freund.“
Okay, denke ich, kein Problem… Äh…
Ich komme ins Stocken. Ich kann es nicht! Ich müsste ja lügen!
Diese Situation liegt nun zwar schon eine ganze Weile zurück, aber das Gefühl wirkt bis heute noch nach. Es war eine Augenöffner-Situation, ein Game-Changer wie man heute sagt. Erst ab diesem Moment fiel mir auf, wie wenig ich meinen Körper eigentlich kenne, wie oft ich ihn als Last oder Störenfried empfinde und wie selbstverständlich ich ihn im Alltag ausblende. Hier nur einige Beispiele:
Ich spüre ein Steinchen im Schuh. Aber so groß ist es nicht, ich spüre es ja kaum! Bis zum Auto schaffe ich es noch! Und wenn ich zuhause bin, ziehe ich die Schuhe ja sowieso aus. Jetzt stehen bleiben und das Steinchen entfernen ist doch auch zu umständlich!
Ich habe Durst. Natürlich habe ich nichts zu trinken mitgenommen. Dann muss der Durst eben warten! Und erfahrungsgemäß lässt er ja mit der Zeit nach!
Mit Hunger ist es anders. Ich habe ständig Hunger, und ab und zu esse ich so viel, dass mir danach gar nicht mehr gut ist. Ich weiß auch genau, dass das, was ich da esse, nicht unbedingt gut ist für meinen Körper… aber was soll‘s?! Man gönnt sich ja sonst nichts!
Und solche Beispiele gäbe es noch viele zu erzählen!
Es kam aber der Tag, da wurde mir klar: So behandelt man keinen besten Freund! Deshalb brachte ich den Satz auch nicht über die Lippen. Gleichzeitig dämmerte mir, dass diese lieblose, gleichgültige, ja manchmal sogar feindselige Haltung meinem Körper gegenüber mein Leben nur mühsamer und härter machte. Also beschloss ich, mich mit meinem Körper anzufreunden. Heute kann ich es sagen. „Mein Körper ist mein bester Freund!“ Ich weiß jetzt viel mehr über ihn. Ich weiß, wie sich echter Hunger anfühlt. Ich spüre, wenn ich satt bin und höre dann auf zu essen. Ich mache Pause, noch bevor ich mich erschöpft fühle und sorge dafür, dass ich genügend Schlaf bekomme. Steinchen im Schuh entferne ich auch, wenn es bis nachhause nicht mehr weit ist. Und wenn ich es nur tue, um mir selbst bewusst zu machen, wie kostbar meine Füße sind, wie viel sie leisten und wie selbstverständlich sie mich tragen.
Wie mit einer besten Freundin, gibt es auch einmal Missverständnisse, Nachlässigkeit und Zeiten der Funkstille. Das nimmt man sich als beste Freunde aber nicht übel. Im besten Fall lernt man daraus und ist danach noch enger. So jedenfalls kann es weitergehen und ich bin froh, dass ich im Laufe der Zeit mit immer größerer Überzeugung sagen kann: „Ich will meinem Körper die beste Freundin sein.“