ACH DU LIEBE WUT!

Ärger, Wut und Bitterkeit können toxische Emotionen sein, die uns nicht nur viel Energie kosten, sondern auch verhindern, dass wir gute und friedvolle Beziehungen führen können.
Diese Gefühle zuzulassen kann andererseits jedoch auch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Heilung sein.
Wenn wir körperliche oder emotionale Gewalt erfahren haben, gibt es neben dem „Täter“ oft weitere Personen, die es mitbekommen haben, die aber nicht dazwischengegangen sind, die nicht geschützt und verteidigt haben. Das lässt in uns ein Gefühl von Wut entstehen, ein Vorgang, den wir als heilsam ansehen können. Denn Wut zu spüren bedeutet, eine Ahnung davon zu haben, dass uns Unrecht wiederfahren ist und dass das nicht hätte passieren dürfen!
Zu Beginn unserer Reise sind wir da oft noch nicht. Stattdessen grübeln wir darüber nach, was WIR falsch gemacht haben und was mit UNS eigentlich nicht stimmt. Dass da etwas anderweitig schief gelaufen ist, dämmert uns oft erst im Zusammensein mit anderen. Zunächst könnte es uns nämlich so vorkommen als sei das, was wir erlebt haben/erleben das Normale. Wenn wir dann aber Einblick in das Leben Anderer, in andere Famlien oder Partnerschaften bekommen, dämmert uns, dass das was uns wiederfahren ist/wiederfährt alles andere als normal ist! Dann wird es Zeit zu sagen „Komm, Du liebe Wut! Du musst Dich nicht mehr verstecken! Du darfst Dich zeigen. Du darfst dazwischengehen, schützen und verteidigen!“
Dabei gibt es allerdings eine kleine Herausforderung: Gereizte, wütende und bittere Menschen finden in unserer Gesellschaft oft keinen Platz. Und ganz ehrlich? Ich verstehe das! Wer will sich zusätzlich irgendwelchen Müll aufladen? Wer will Klagen und Schimpfen hören? Wer will sich kümmern um jemanden, der nur Vernachlässigung kennt? Da ist es wahrlich keine schlechte Idee, das Weite zu suchen, den Ball flach zu halten und möglichste die Kurve zu kratzen, wenn sich so eine „tickende Zeitbombe“ nähert. Schließlich befasst sich mit Bomben am besten nur der, der es kann!
Aber den Betroffenen sei gesagt: es gibt Orte, an denen Ärger, Wut und Bitterkeit willkommen sind! Es gibt Menschen, die darin ausgebildet sind, emotionale Bomben zu entschärfen. Es gibt Wege, die Wut so zu kanalisieren, dass sie nicht zerstört. Und es gibt Genesene, die rückblickend sagen würden, die Begegnung mit der Wut war ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Heilung.