ICH BIN DER KAPITÄT MEINES LEBENSSCHIFFES

Ich lese, es soll gesünder sein, auf Milch zu verzichten… Neidisch blicke ich auf die fleißigen Jogger, die regelmäßig etwas für ihre Fitness tun… Meine Freundin macht jetzt Schwerelos Yoga und Judith Rakers von der Tagesschau hält ihre eigenen Hühner im Garten… Das finde ich alles toll und ich spüre den Impuls, diesen Vorreitern des gesunden und bewussten Lebens nachzueifern. So ein Yoga-Tuch ist schnell bestellt und der Gartenratgeber von Judith Rakers gleich mit! Ich habe mir auch schon mal richtig gute Joggingschuhe gekauft! Und Hafermilch. Aber soll ich ehrlich sein? Das alles hat am Ende nicht wirklich funktioniert. Warum denn eigentlich nicht?
Ich denke, inzwischen habe ich eine Antwort darauf gefunden. Wenn ich in Verbindung mit mir bin und mich spüre, weiß ich auch, was mir gut tut und was nicht. Ist diese Verbindung gestört, habe ich zwar die Sehnsucht nach dem guten und gelingenden Leben, orientiere mich auf der Suche danach aber stets an anderen. Damit gebe ich das Ruder meines Lebens allerdings aus der Hand und wundere mich am Ende, dass es nicht die Richtung nimmt, die ich mir eigentlich gewünscht habe!
Es brauchte über die Jahre eine Menge Lektionen, bis der Groschen bei mir endlich gefallen ist! Einmal erzählte mir z.B. eine Freundin, als Sport käme für sie eigentlich nur Schwimmen in Frage. Sie sei der Typ, dem ohnehin ständig zu heiß wäre. „Wieso sollte man da joggen? Um noch mehr zu schwitzen? Da ist es doch angenehmer, im kühlen Wasser zu schwimmen!“ Dann gab es den Film Die Braut, die sich nicht traut. Die Szene, in der Julia Roberts versucht herauszufinden, wie sie ihr Frühstücksei gerne mag, berührt mich bis heute. Und das waren nur zwei der vielen Lektionen zu diesem Thema.
Leider beginnen wir schon als Kinder, uns an anderen zu orientieren. Kein Wunder, dass wir als Erwachsene dann gar nicht mehr wissen, wer wir sind und was gut für uns ist. Wieder in Kontakt zu kommen mit den eigenen Bedürfnissen, Vorlieben, Grenzen etc. bedeutet, ich weiß am Ende, wie ich mein Frühstücksei gerne esse, ob Yoga etwas für mich ist und ob es mir gut tut, auf Milch zu verzichten. Und mit der Zeit weiß ich noch so viel mehr über mich selbst! Wie ticke ich in Konflikten? Was brauche ich in stressigen Zeiten? Wer tut mir gut?
Der Kapitän seines eigenen Schiffes zu sein, ist kein Beruf. Es ist eine Aufgabe. Und mit der Zeit werde ich immer besser darin, mein Lebensschiff zu steuern.